Die Geschichte von M.

Am 17.02.2014 habe ich die Zeilen von M. erhalten.  

 

M. hat uns ihre Geschichte zur Veröffentlichung überlassen. 

 

Sehr deutlich sieht man wiederum die Rolle der Verantwortlichen und Zuständigen, die in diesem gesamten Prozess schwerste Unterlassung begangen haben (Lehrer, Klassenvorstand, Direktor an erster Stelle). Ich hoffe, dass auch viele Lehrpersonen und MultiplikatorInnen diese Zeilen lesen - und sich endlich ihrer Verantwortung bewusst werden - und eingreifen, wenn Menschen schikaniert, ausgegrenzt, bedroht, beschimpft, bestohlen, entwürdigt, geschlagen, entrechtet, ignoriert werden! 

Ich bin weiblich, inzwischen erwachsen und das ist meine Mobbing Geschichte:
 
Das Mobbing begann bei mir bereits in der Volksschule, damals nannte man das natürlich noch nicht so.
 
Ich war ein sehr ruhiges und introvertiertes Kind und leider zu dick.
Ein Bub namens Christoph kor mich als sein Opfer aus und schikanierte mich die ganze Schulzeit über.
 
In der Umkleide haute er mir seine Schuhe über den Kopf, er nahm mir meine Stifte weg und zerbrach sie oder warf sie aus dem Fenster, er beschimpfte mich und manchmal da schlug er mich auch oder raufte sich mit mir. Ich konnte mich nie wehren, ich wusste nicht wie.
 
Ich sagte es meiner Mutter, die seine Mutter anrief, aber die bestritt alles, so etwas würde ihr Bub nicht machen.
 
Während einer Stunde, als ich gerade dran war, aus einem Buch vorzulesen, schrie Christoph:,,Sie ist fett!"
Alle lachten, aber die Lehrerin ignorierte es nur. 
 
Die meisten Mädchen in meiner Klasse hielten sich für was Besseres und wollten nichts mit mir zu tun haben. Sie klebten mir Zetteln mit der Aufschrift "Fette Sau" an den Rücken und schnitten mich. Zwei Mädchen hatten aber einen besonderen Hass auf mich und ließen mich das immer wieder spüren.
 
Die Lehrerin hatte damals den wunderbaren Einfall, dass es eine Liste mit der Adresse und Telefonnummer von den Eltern jedes Schülers geben müsse, die dann alle bekommen würden, damit die Eltern und Kinder sich untereinander austauschen können und sich zum Lernen oder Spielen verabreden können.
 
Meine Mutter hatte eine Geheimnummer, musste sie aber trotzdem raus geben, weil es ja schließlich nicht ging, dass ich als Einzige nicht auf der Liste stand.
 
Vor dieser Telefonliste schrieben mir die beiden gemeine Zetteln, die ich meiner Mutter und der Lehrerin zeigte, aber die Lehrerin meinte nur, dass man nicht erkennen könne, von dem die Schrift ist.
Mit der Telefonliste begannen auch die Anrufe. Den ganzen Nachmittag bis am Abend läutete bei uns das Telefon, wenn jemand ran ging wurde er beschimpft, wenn nicht wurde auf den Anrufbeantworter geschimpft. Die Kassette aus dem Anrufbeantworter brachte meine Mutter der Lehrerin und berichtete ihr von den Vorkommnissen, am nächsten Tag sagte mir - die Lehrerin - sie hätte nichts auf der Kassette gehört und damit war das Thema beendet.
 
Außerdem bestellten sie Münzsammlungen und dergleichen auf meine Adresse und meine Mutter musste quer durchs Land telefonieren, um diese Bestellungen rückgängig zu machen, was nicht so einfach war.
 
Nachdem ich mich nicht verteidigen konnte, begannen auch bald die anderen Kinder mich zu mobben. Sie warfen mir Füllfedertinte in meine Trinkflasche und einer hat mir sogar auf dem Pausenhof zwischen die Beine getreten. Als ich mich gewehrt habe und zurückgetreten habe, ging er zur Lehrerin und ich wurde geschimpft und in die Ecke gestellt, obwohl ich ihr gesagt habe, dass er mich zuerst zwischen die Beine getreten hat, aber das war ihr egal. Er bekam keine Strafe.
 
Es gab so viele Ungerechtigkeiten damals dass ich begann mich daran zu gewöhnen und mich auch nicht mehr zur Wehr setzte.
 
Einmal schubste mich Christoph an die Wand wo ein Spiegel hang und er fiel runter, wieder wurde ich ausgeschimpft und musste mich in die Ecke stellen.
 
Auf der Schullandwoche war ich ihnen dann ganz ausgeliefert, sie waren fast alle da und schimpften mich, pickten mit einem Stock auf mich hin und ich dachte mir damals, so müsse sich Jesus gefühlt haben, als sie ihn ans Kreuz genagelt haben.
 
Die Lehrerin wollte davon nichts wissen, wieso sollte sie einer einzelnen Schülerin glauben, wenn alle anderen das Gegenteil behaupten, außerdem glaube sie nicht dass die Kinder böse sein könnten, schließlich sind alle Menschen von Natur aus gut.
 
Ich resignierte, den Lehrern war es egal, meine Mutter konnte auch nichts ausrichten und der Direktor wollte nicht behelligt werden.
 
Ich wurde immer trauriger und deprimierter.
 
Auf der Hauptschule wurde es auch nicht viel besser, ich war immer noch zu dick und ich war wieder die Außenseiterin.
 
Meine zwei Peinigerinnen von der Volksschule, gingen auch auf diese Schule, aber nicht in meine Klasse, wahrscheinlich stachelten sie die anderen auf, ich weiß es nicht. Jedenfalls wurde es nicht besser.
 
In der dritten Hauptschulklasse hielt ich es nicht mehr aus, ich nahm ab (wurde aber trotzdem nicht akzeptiert), wurde entweder wirklich krank oder schwänzte die Schule, ich begann Alkohol zu trinken und zu rauchen und mich zu ritzen.
 
Ich bekam panische Angst vor der Schule, begann unkontrolliert zu zittern, wenn ich in die Nähe kam und weil ich länger nicht mehr dort war, warf mich der Direktor von der Schule und alarmierte das Jugendamt.
 
Ich wurde zu einer Psychologin geschickt, die mir eine Juvenile Psychose diagnostizierte und mich ins Erziehungsheim schickte.
Das Erziehungsheim war schlimmer als ein Gefängnis. An dem Tag, als ich dort ankam, sollte ein anderes Mädchen entlassen werden, nachdem sie aber lieber bleiben wollte, gab sie mir dafür die Schuld und hetzte die anderen gegen mich auf. Wieder wurde ich fertig gemacht, zuerst verbal und draußen von den Buben dann auch körperlich.
 
Sie fingen mich ein, schlugen mich und haben auf mich eingetreten. Ich konnte ihnen entkommen und mich zu einer Lehrerin auf den Parkplatz retten, die mich beschütze, bis eine von den Erzieherinnen kam um mich zurück ins Heim zu bringen.
 
In der Schule die es dort gab, sagten mir die Buben, dass - wenn sie mich erwischen würden - sie mich krankenhausreif schlagen würden.
Ich hatte solche Angstzustände, dass ich nicht mal mehr aus Klo gehen konnte. Ich lag nur in meinem Bett und weinte, während die anderen zwei Mädchen in meinem Zimmer über mich herzogen und schimpften. Sie stahlen mir mein Tagebuch, lasen und zerrissen es; und sie stahlen mir meine Goldkette mit goldenem Kreuz, dass ich von meiner Großmutter bekommen hatte. Die Erzieherinnen wollten von alldem nichts wissen. Auch den Vorfall mit den Buben, die mich verprügelten hatten, stritten sie ab, obwohl sie genau wussten, dass es so war.
 
Am Wochenende holte mich meine Mutter ab. Als sie mich nicht mehr dorthin zurück brachte, kam das Jugendamt und brachte mich in eine Nervenheilanstalt, wo es wieder weiter ging mit den Qualen.
 
Wieder war es ein Mädchen, dem nicht passte, dass ich dort hin kam und dass mich auf alle Arten schikanierte und beschimpfte. Ich wurde zu ihrer Sklavin und sie genoss meine Angst, ich musste sie bedienen und ihr Tee kochen.
 
4 Monate später durfte ich endlich wieder nach Hause, ich wechselte die Schule und war wieder die Außenseiterin. Auch dort wurde ich gemobbt, schließlich war ich von außerhalb, ich war keine von ihnen und ich war anders. Wieder wurde ich ausgegrenzt und beschimpft, mein Eigentum wurde zerstört. Ich hasste es, in die Schule zu gehen. Ich schnitt mich immer noch und das gab ihnen einen Grund mehr, mich fertig zu machen. Sie hielten mich fest, krempelten meine Arme hoch und zeigten den anderen meine Schnitte, um sich dann darüber lustig zu machen, wie blöd ich doch wäre.
 
Nach der Hauptschule ging ich auf die HAK und mit mir auch zwei Schülerinnen aus dieser Hauptschule, die dort in meiner Klasse waren und jetzt wieder. Es dauerte nicht lang und sie hatten fast die ganze Klasse gegen mich aufgehetzt. Ich wurde geschimpft, gedemütigt und körperlich angegriffen.
 
Als wäre das nicht genug gewesen, wurde ich auch noch von einer Lehrerin dort schikaniert, die sich jede Stunde über mich lustig mache, weil ich einen einzigen Fehler gemacht hatte. Ich bekam Herzstechen und es ging mir sehr schlecht. Ich versuchte mit der Lehrerin zu reden, aber die wollte nichts davon wissen. Ich erzählte der Lehrerin die Stunde hatte als ich angegriffen wurde von den Drohungen und dem Angriff und dass ich gemobbt werde, aber sie meinte nur, das gäbe es hier nicht.
 
Meine Mutter versuchte wieder mit den Lehrern zu reden und wieder brachte es nichts. Der Klassensprecher damals sah meine Situation und sagte mir ich soll stark sein, das konnte ich aber nicht mehr und so gab ich auf und ging ab.
 
Seitdem habe ich immer wieder mit psychischen Problemen zu kämpfen. Ich leide an einer Sozialphobie und habe Angst vor anderen Menschen.
 
Nachdem ich immer nur beschimpft wurde und mir gesagt wurde, dass ich fett, hässlich und wertlos wäre und keine Freunde hatte, begann ich mich auch selbst zu hassen.
 
Ich wollte nicht mehr leben, ich hasste meinen Körper und mein Aussehen und ich war auch der Meinung, dass ich das alles verdient hatte.
 
Liebe Grüße,
M.

_______________________________________________________

Update von Frau M.:

Ich bin auch einverstanden, über die SHG von anderen Opfern kontaktiert zu werden.

 

Wenn Sie Kontakt zu Frau M. suchen, bitte um Ihr Mail an shg-mobbing-graz@gmx.at, im Betreff "Kontakt zu Frau M." Gerne stellen wir diesen her.

                                                                                                           Eva Pichler, SHG Mobbing

_______________________________________________________

Volksbegehren

Hier geht es zu den aktuellen Volksbegehren:

 

https://www.bmi.gv.at/411/

welche am Gemeindeamt/Magistrat und über die Handysignatur unterstützt werden können.

Relevantes Volksbegehren für Mobbingbetroffene

Auf das Volksbegehren von

Martin Wabl:

 

"STOP DER PROZESSKOSTENEXPLOSION"

http://www.martinwabl.at/STOP-DER-PROZESSKOSTENEXPLOSION.html

 

wird für Mobbingbetroffene besonders hingewiesen.

Jeder kann etwa nach Mobbing, einem Arbeitskonflikt,  einem Verkehrsunfall, einer Scheidung oder nach einem Verlassenschaftsverfahren mit einem Gerichtsverfahren konfrontiert sein.

 

Daher verdient dieses Volksbegehren, nach Meinung von Mobbingbetroffenen, Ihre

Unterstützung.